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Samstag, 17. Januar 2015

Pierre Lemaitre: Wir sehen uns dort oben

Das Buch beginnt mit einer der letzten Offensiven an der französischen Westfront im ersten Weltkrieg, die das weitere Leben der drei Hauptpersonen grundlegend verändert. Wie alle Offensiven davor ist auch diese vollkommen sinnlos, umso mehr als der Waffenstillstand unmittelbar bevorsteht. Den Offizieren ist das auch bekannt, während die einfachen Soldaten nicht mehr an ein Ende dieses Krieges glauben. 
Mit dem Kriegsende verknüpfen und verlieren sich die Schicksalslinien des ehrgeizigen Leutnants Pradelle und der beiden Freunde Albert und Edouard. Alle drei sind durch ein Geheimnis aneinander gebunden, das wiederum andere Geheimnisse und Lügen gebiert. Pradelle, Albert und Edouard sind passende Hauptfiguren in einem Frankreich, das seine Soldaten vergisst, mögen sie nun tot oder verkrüppelt sein und in dem Macht und Geld die gesellschaftlichen Antriebskräfte sind. Letztendlich sind sich das Frankreich der Schützengräben und das des Friedens nicht so unähnlich, denn einzig das Überleben zählt, zugegeben unter unterschiedlichen Bedingungen.
Nach wirklich sympathischen Figuren wird man in diesem Roman lange suchen, aber alle sind sehr plastisch gezeichnet. Fast möchte man meinen in einer der Zeichnungen des kriegsversehrten Künstlers Edouard gelandet zu sein. Die Geschichte Edouards ist auch gleichzeitig die berührendste dieses Buches. 
Meine persönliche Lieblingsfigur ist ein Inspektor des Pensionsministeriums, ein alter schrulliger Beamter, er könnte einem der Romane von Charles Dickens entsprungen sein. Mit seiner Hilfe nimmt das Buch zusätzliche Fahrt auf und rast seinem grandiosen Ende entgegen.

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