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Freitag, 26. Dezember 2014

William Boyd: An Ice-Cream War

Ein älteres Buch eines Lieblingsautors zu entdecken, das man noch nicht kennt, ist ein wahrer Glücksfall. Wenn es sich noch dazu um ein sehr gutes Buch handelt, ist es ein literarischer Lotteriegewinn. "An ice-cream war" oder auf deutsch "der Eiskrem-Krieg" von William Boyd ist ein solcher Glücksfund.
Boyd, der teilweise in Ghana aufwuchs, beschreibt die Kriegshandlungen der deutschen und britischen Kolonialarmeen in Ostafrika nach Ausbruch des ersten Weltkriegs aus dem Blickwinkel von Menschen auf beiden Seiten. Nachbarn, die nebeneinander ihre Farmen betrieben, werden zu Todfeinden und Feinde zu Verbündeten. Die Kampfhandlungen sind chaotisch, sinnlos und entbehren trotz der vielen Toten nicht einer gewissen Komik. Nicht nur die Kämpfe selbst, auch die Kriegsteilnehmer weisen skurrile Züge auf. Der Autor spielt mit den Klischees von den effizienten Deutschen und den dilettantischen Briten und führt sie ad absurdum. 
Dennoch ist das Buch kein großes Schlachtengemälde, sondern geht der Geschichte eines amerikanischen Farmers, dessen deutschen Nachbarn, eines britischen Offiziers und seines Bruders nach, zeigt wie sie in diesen Konflikt hineingezogen werden und dieser ihr Leben auf den Kopf stellt.
Zu Beginn des ersten Weltkriegs glaubten beide Seiten, dass der Krieg nach ein paar Wochen beendet sein würde. Die Soldaten würden "wie Eis in der Sonne schmelzen" und davon leitet sich der Titel des Romans ab. Es wurde ein sehr langes Eis, kostete Millionen das Leben und veränderte die Welt grundlegend.

Sonntag, 14. Dezember 2014

Carlos Maria Dominguez: Das Papierhaus

Ein Buch über Bücher, vielmehr über ein Buch und die Suche nach dessen ehemaligem Besitzer. Dieser schön gestaltete, schmale Band beschreibt humorvoll, was die Buchsammelleidenschaft und Lesesucht mit den Menschen und ihren Bibliotheken machen kann. 
Schon der erste Satz handelt von einem tödlichen Gedichtband! Die daraus folgende berufliche Erbschaft zwingt einen Literaturdozenten sich auf die Suche nach einem Mann zu begeben, der ein zementverkrustetes Buch verschickt hat und trifft dabei auf die absonderlichsten Bibliomanen. Mehr soll hier gar nicht verraten werden, nur so viel, dass Sie es lesen sollen, falls Ihnen die Anzahl ihrer Bücher über den Kopf wächst. Kommen Sie nur nicht mit dem Argument, dass man ja mittels eines E-Books Bücher lesen kann ohne sie lagern zu müssen. Würden Sie sich auf eine Gralssuche aufgrund eines zugesandten Kindles begeben? Eben!

Michail Lermontow: Ein Held unserer Zeit

Auch ein Prosa - "Meisterwerk" eines russischen Lyrikers des 19. Jahrhunderts kann enttäuschen oder in einem Satz ausgedrückt: Ein Ungustl reist durch einen poetisch beschriebenen Kaukasus.
Während man in den Werken Karl Mays die Landschaftsbeschreibungen tunlichst vermeidet um gleich zu den Abenteuern zu gelangen, ertappte ich mich bei Lermontow beim umgekehrten Lesevorgang. Ich genoss die gelungene Beschreibung der Gebirgslandschaft des Kaukasus und huschte über die Zeilen, die die Handlungen und Erlebnisse des Offiziers Petschorin erzählen. Petschorin sucht das Abenteuer, mag es kriegerischer oder romantischer Natur sein, um des Abenteuers Willen. Ein endorphingetriebener Held, der die Menschen nur als Mittel zum Zweck betrachtet. Keine menschliche Bindung hält ihn oder ist von Dauer, und so hinterlässt er eine Spur von Verzweifelten und Toten. Fast ist man an das Buch "American Psycho" erinnert. So gesehen ein sehr modernes Thema und dennoch ein unrunder Roman, der die Literaturwissenschaftler zu begeistern vermag, mich aber nicht.