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Freitag, 2. Januar 2015

Helen Macdonald: H is for Hawk

Weder die Falknerei noch autobiographische Trauerbewältigung gehören normalerweise zu meinen bevorzugten Themen. Wider Erwarten ist das Buch von Helen Macdonald, das eben solches verbindet, faszinierend und erzeugt einen Sog, dem man sich kaum entziehen kann.
Nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters beschließt die Literaturdozentin Macdonald sich einen lang gehegten Traum zu erfüllen und einen Habicht zu kaufen um ihn für die Falknerei abzurichten. Dabei löst sie sich fast komplett von ihrem sonstigen Alltag, lässt ihre Lehrtätigkeit auslaufen, hat kaum Kontakt zu anderen Menschen und versinkt zusehends in die Welt ihres Greifvogels. Die Trauer über den Tod des Vaters lauert manchmal im Hintergrund und bricht dann doch wieder schmerzhaft hervor.
In das Buch verwoben ist ein Teil der Lebensgeschichte von T.H. White. White war der Autor von "The sword in the stone", einer Nacherzählung der Artussage, die dann von Disney als "Merlin und Mim" verhunzt wurde. T.H. White, der sich ein den 1930er Jahren von seiner Lehrtätigkeit zurückzog um zu schreiben und die Falknerei zu betreiben, ist die ambivalenteste (und auch interessanteste) Figur dieses Buches. Ein psychisch beschädigter, der versucht ein perfekter englischer Gentleman zu sein und sich doch der Rekrutierung für den zweiten Weltkrieg entzieht und auch sonst ein wenig konformistisches Leben führt.
So trainieren Macdonald und White ihre Vögel im Buch parallel, wenn auch in Wirklichkeit zeitlich getrennt, mit recht unterschiedlichen Ergebnissen.
Nach unzähligen getöteten Hasen, Hühnern und Fasanen ist man der Welt der Falknerei ein Stück nähergekommen und wäre doch gleichzeitig froh, wenn der Habicht sich am Ende für die Freiheit entschieden hätte und nicht für den Handschuh seiner Besitzerin.

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